Die Geschichte der Frankenberger Pfarre
Vor dem nördlichen Steilabfall des Harzes, in das Tal der Gose gebettet, liegt die über 1000-jährige Kaiser-, Reichs- und Hansestadt Goslar. Im Jahre 968 wird im nahen Rammelsberg der Bergbau unter der Leitung von kaiserlichen Ministralien aufgenommen. Silber, Kupfer, Blei, Zinn und andere Metalle werden Wirtschaftsgrundlage einer viel frequentierten Königspfalz und an dem 13. Jh. der Stadt Goslar. Im 11. Jh. lässt der Salierkaiser Heinrich III. (1039-1056) eine romanische Stadtanlage mit Königspfalz planen. Wall und Graben umschließen ein Oval von über 100 ha Ausdehnung, in das ein Kirchkreuz gefügt wird. Am westlichen Ende dieses Kreuzes steht die Frankenberger Kirche. Ihre Mauern sind auf Schieferfelsen gegründet, ihre Türme sind Teil der Stadtbefestigung. Nach und nach werden bis zum 12.Jh. in Stadt und Umgebung 47 Kirchen und Kapellen errichtet.
Spätestens in der zweiten Hälfte des 10. Jh. ist der Frankenberg besiedelt und es gibt dort einen ersten Kirchenbau. Bischof Udo von Hildeshein bestätigt 1108 in einer Urkunde die Pfarrechte der "eccclesia sancte Petri Frankenberc". Im frühen 12. Jh. entsteht die im Wesentlichen noch heute erhaltene Basilika.
1234 wird nördlich der Kirche ein Konvent der büßenden Schwestern der heiligen Maria Magdalena angsiedelt und am 2. August 1235 von Papst Gregor IX. bestätigt. Die Pfarrgenossen schenken ihre Kirche dem Kloster, dessen Probst in beider Einvernehmen nun gleichzeitig Gemeindepfarrer wird, bis zur Reformation 1529. Ab 1523 (Hildesheimer Stiftsfehde) sind die Patronatsrechte für das Kloster bei Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel, einem Gegner der Reformation. Als Herzog Julius 1568 zur neuen Lehre übertritt, wird das Kloster ev. Damenstift. Der Gemeindepfarrer bleibt, mit einer kurzen Unterbrechung während der versuchten Restitution (1630-43), für die Konventualinnen zuständig, bis1829 die letzte Domina stirbt. 1704 werden neue Konventsgebäude in barockem Fachwerk gebaut, die erhalten sind. 1837 wird das Klostergelände verkauft. Das Konventsgebäude beherbergt heute ein Alten- und Pflegeheim der Christengemeinschaft.
Eine mittelalterliche Hospitalstiftung entsteht 1394 als Hospital vor dem Frankenberg, später kleines heiliges Kreuz genannt. Insgesamt sind in der Stadt bis Ende des Mittelalters 10 Hospitäler nachgewiesen in Klöstern und an Toren sowie als Bürgerstiftungen.
Das Kleine Heilige Kreuz wurde bis 1983 für die Kranken-, Alten- und Armenfürsorge genutzt, zuletzt als Wohnung f+r arme alte Frauen. Heute bietet das im Besitz der Stadt Goslar befindliche Grundstück Raum für Begegnungen im engen und weiteren Rahmen der Gemeinde (siehe S.27 und Maria Kapp, Literaturverzeichnis).
Im Laufe der Jahrhunderte hat die Frankenberger Kirche viele Veränderungen erfahren. Besonderst tiefgreifend geschieht das zwischen 1483 und 1512, bedingt durch die Verstärkung der Befestigungsanlagen, Umbauten im gotischen Stil und die Reformation, die 1529 hier eingeflührt und 1531 für alle Kirchen der ab 1340 freien Reichsstadt Goslar verbindlich wird. In ihrer Folge werden die Nebenaltäre und die Nonnenempore entfernt und die Malereien übertüncht.
Ab 1522 kommt ein Großteil der Rechte an Bergwerk, Wald und Hütten durch einen erzwungenen Vertrag an den Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Viele Bergleute, Steiger und Bergbeamte gehören zur Frankenberger Pfarre. Sie wohnen, arbeiten und beten zusammen und prägen mit ihren eng zusammenstehenden kleinen und größeren Häusern diesen Teil der Stadt, der fast unverändert erhalten ist.
Im Dreißigjährigen Krieg gibt es keine Zerstörungen, dafür aber das Lager der Kaiserlichen vor der Stadt und dann ab 1632 jahrelange Besatzung durch die Schweden, was die Stadt völlig verarmen lässt. Als man sich von Schrecken und finanziellen Aderlass erholt hat, findet die Frömmigkeit von Geistlichen und Gemeinde ab 1670 Ausdruck in der Austattung der Kirche mit barocken Kunstwerken, die zu den qualitätvollsten Arbeiten der Goslarer Bildschnitzerfamilie Lessen gehören. In diese Zeit fällt auch das Wirken von Pastor J.G. Rehse, einem Vertreterdes frühen Pietismus. Er sorgt sich besonders um die Bergleute in seiner Pfarre und schreibt ihnen ein Gebetbuch mit über 1000 Seiten, angefüllt mit Symbolen und Wortschatz aus ihrer Arbeitswelt: "Der andächtige Bergmann".
Nachdem Goslars Reichsfreiheit 1802 aufgehoben wird, gehört die Stadt zunächst zu Preußen, 1807 zum Königreich Westfalen, 1816 zum Königreich Hannover und 1866 wieder zu Preußen. Während einer Epoche des Ungeordnetseins und der Armut in der zweiten Hälfte des 18. Jh. und der ersten Hälfte des 19 Jh. werden Stadtmauern, Kapellen und Kirchen - darunter die Stiftskirche SS Simon und Judas in der Pfalz - wegen Baufälligkeit abgerissen. Nach 1866 ist dann eine rege Bautätigkeit zu verzeichmen. Die Stadt wächst erstmals mit einer Villenbebauung über die alten Mauerm hinaus. Kaiserhaus und die verbleibenden Kirchen werden gründlich restauriert und vor dem Verfall bewahrt, so auch die Frankenberger Kirche in den Jahren 1873-80 unter der Leitung von Baurat C.W.Hase, Hannover. Nach dem zweiten Weltkrieg, in dem Goslar unversehrt bleibt, wird die Kirche 1949 und 1956 renoviert und statisch gerichtet, Die Holzbildwerke werden 1989-94 saniert und bekommen wieder ihre ursprüngliche Fassung. St. Peter und Paul auf dem Frankenberg ist ev.-luth. Pfarrkirche mit dem 1108 festgelegten Pfarrbezirk in der Altstadt, der durch die angrenzende Bebauung außerhalb der alten Mauern erweitert wurde. Sie gehört zur Landeskirche Braunschweig.